
Düsseldorf – Für die Sozialdemokraten erschien das Thema der Aktuellen Stunde im Landtag am Mittwoch wie eine Vorlage im Wahlkampf: Die FDP hatte die Debatte unter dem Titel SPD verschreckt die Wirtschaft, vertreibt Investoren und schadet dem Standort NRW beantragt. FDP-Fraktionschef Ingo Wolf forderte den SPD-Spitzenkandidaten und Ministerpräsidenten Peer Steinbrück auf, sich von den Klassenkampf-Parolen der Vergangenheit zu distanzieren. Die Investoren, die von der SPD beschimpft worden seien, dürfe man nicht als hirnlose Heuschrecken bezeichnen.
Steinbrück fing den Ball auf und legte nach. Zwar begegne er täglich Unternehmern mit hohem Ethos. Aber es gebe auch Beispiele, die kritikfähig und kritikwürdig seien. Steinbrück nannte die rasante Entwicklung der Vorstandsgehälter und sprach von Vorstandsvorsitzenden, die in ihrem Unternehmen zur Kapitalvernichtung beigetragen hätten. Gleichzeitig seien die Begehrlichkeiten einiger Unternehmen ungebrochen.
Und das in einer Zeit, wo sich die Steuerbedingungen wie nie verbessert haben. Ich erwarte nach diesen Verbesserungen eine Standortverantwortung der Unternehmen für Deutschland, betonte Steinbrück. Dann zitierte er den früheren Bundeskanzler Helmut Schmidt, der am Vorabend auf einer gemeinsamen Veranstaltung mit ihm auch von Raubtier-Entartungen gesprochen hatte, die wir in den letzten fünf Jahren auch in Deutschland erlebt haben. Da sei noch viel zu tun, hatte Schmidt vor einigen Hundert Gästen im Düsseldorfer Ständehaus gesagt.
CDU-Oppositionsführer Jürgen Rüttgers griff – für viele überraschend – nicht in die Landtagsdebatte ein. Stattdessen hielt der parlamentarische Geschäftsführer der Union, Helmut Stahl, der SPD vor, sie wolle mit der Kapitalismus-Debatte Nestwärme schaffen und eine Erosion der SPD-Basis verhindern. Der CDU-Abgeordnete Helmut Linssen kritisierte widersprüchliches Taktieren. Der eine ist der Genosse der Bosse, der andere rüpelt gegen die Bosse. Einer ist für die Agenda 2010, der andere gegen Kapitalismus.
Rüdiger Sagel (Grüne) bezeichnete es als Armutszeugnis, dass der Spitzenkandidat der CDU sich zu dem Thema nicht zu Wort melde. Die Partei verstecke ihren Spitzenkandidaten, beklagte SPD-Fraktionschef Edgar Moron. Und wie zum Beweis für die Richtigkeit der Kapitalismus-Kritik zitierte Moron die Enzyklika Centesimus annus des verstorbenen Papstes: Das Unternehmen darf nicht ausschließlich als Kapitalgesellschaft angesehen werden; es ist zugleich eine Gemeinschaft von Menschen, zu der als Partner in je verschiedener Weise und mit spezifischen Verantwortlichkeiten sowohl jene beitragen, die das für ihre Tätigkeit nötige Kapital einbringen, als auch jene, die mit ihrer Arbeit daran mitwirken.