Minister Jochen Dieckmann verschärft den Kampf gegen den Umsatzsteuerbetrug

Minister Jochen Dieckmann verschärft den Kampf gegen den Umsatzsteuerbetrug: "Wir gründen eine Zentralstelle zur Bekämpfung von Umsatzsteuerbetrug. Dieses bundesweit einmalige Amt werden wir in Bonn ansiedeln und mit allen nötigen Kompetenzen ausstatten."

Durch Umsatzsteuerhinterziehung gehen dem Staat jährlich bis zu 20 Milliarden Euro verloren.

Finanzminister Jochen Dieckmann hat am Freitag, 28. Januar 2005 in Münster den Oberfinanzpräsidenten Rudolf Stadermann in den Ruhestand verabschiedet. In der Feierstunde hat er gleichzeitig den neuen Oberfinanzpräsidenten Hans-Georg Grigat vorgestellt.

Dieckmann kündigte in seiner Rede an, dass Nordrhein-Westfalen den Kampf gegen Umsatzsteuerbetrüger verstärken wolle: "Dem Staat gehen Jahr für Jahr gewaltige Summen durch Betrug der Umsatzsteuer verloren. Allein im Landeshaushalt NRW macht das bis zu 2 Mrd. EUR aus. Hier werden wir als Land eine Vorreiterrolle übernehmen und erstmals eine Zentralstelle zur Betrugsbekämpfung einrichten."

Die Erfahrung aus anderen europäischen Ländern hat gezeigt, dass gegen den organisierten Umsatzsteuerbetrug eine Zusammenfassung und Konzentration von Informationen, Wissen und die Koordinierung durch spezialisierte Steuerfahnder der richtige Weg ist. Denn der organisierte Umsatzsteuerbetrug läuft über so genannte Karussellgeschäfte über mehrere Staaten und Bundesländer hinweg, so dass die Fahnder

  • wenn sie nicht genügend vernetzt sind
  • nie das ganze Karussell sehen, sondern nur einzelne Teile.

    Deshalb soll in Bonn eine Zentralstelle zur Bekämpfung von Umsatzsteuerbetrug eingerichtet werden, die mit ausreichenden Kompetenzen und auch genügend Personal ausgestattet wird, um wirksamer als bisher gegen die organisierte Umsatzsteuerhinterziehung vor zu gehen.

    Es sind gerade die bestehenden Verwaltungsbrüche und Informationsdefizite zwischen den einzelnen Finanzämtern, verschiedenen Bundesländern und den unterschiedlichen Staaten, die beim Umsatzsteuer-Betrug ausgenutzt werden. Je mehr Verwaltungsbehörden von einem Steuerfall berührt werden, desto größer ist der Koordinierungsaufwand und desto schwerfälliger wird die Reaktion der Verwaltung auf die Machenschaften der Umsatzsteuer-Betrüger.

    Die Aufdeckung und Bekämpfung des Umsatzsteuer-Betruges lebt zum einen von den vielen Einzelfallinformationen und Ungereimtheiten, die nur an Ort und Stelle im zuständigen Finanzamt und beim Steuerpflichtigen selbst festgestellt werden können, zum anderen aber auch vom möglichst frühzeitigen Abgleich aller Informationen. Umsatzsteuer-Karussellbetrügereien spielen sich in weltweiten Unternehmensketten ab. Da sind die Kapazitäten eines örtlichen Finanzamts oder einer einzelnen Steuerfahndungs-Stelle sehr schnell überfordert.

    In einem Land von der Größe NRWs ist es daher angemessen, in Zukunft alle Aktivitäten im Zusammenhang mit der Umsatzsteuer-Betrugsbekämpfung zu koordinieren und einen Wissens- und Informationsschwerpunkt an einer zentralen Stelle zu schaffen.

    Aus diesem Grund soll in räumlicher Nähe zum Bundesamt für Finanzen in Bonn eine landesweite, zentrale Koordinierungsstelle mit zentralen Prüferteams eingerichtet werden. Nur so erlangen wir Schlagkraft gegen eine organisierte Umsatzsteuer-Kriminalität, deren Ausmaß erschreckend ist.

    Aufgaben dieses Zentralfinanzamtes NRW werden zum Beispiel die Informationssammlung und der Informationsaustausch durch Datenbanküberwachung und -auswertung sein. Darauf aufbauend wird es sich mit der Analyse der Täterprofile und der Begehungsweisen befassen und wird im Erfahrungsaustausch die Strategieüberlegungen bündeln und an der Entwicklung neuer Strategien zur Umsatzsteuer-Betrugsbekämpfung arbeiten.

    Für die vielschichtigen Ermittlungen in schwierigen und umfangreichen Betrugsfällen wird sie die landesweite Einsatzplanung koordinieren. Diese Stelle wird auch gleichzeitig zentraler Ansprechpartner in unserem Land sein, sowohl für den Bund, als auch für die anderen Länder und besonders für die 137 Finanzämter in NRW.

    Dieckmann:

  • Das Zentralfinanzamt wird so wesentlich dazu beitragen können, die Weitergabe der
  • irgendwo" vorhandenen Informationen zu beschleunigen, neue Betrugsstrukturen aufzudecken und an ihrer Bekämpfung mitzuwirken."

    Dieckmann dankte in seiner Rede dem scheidenden Oberfinanzpräsidenten Rudolf Stadermann, der mit 65 Jahren in den Ruhestand geht:

  • Sie haben viel für die Finanzverwaltung getan und das Bild des Dienstleisters Finanzamt mit geprägt. Ihr Wort hatte Gewicht und Ihre Meinung wurde gehört, wenn es um Veränderungen und Reformen ging."

    Dieckmann betonte außerdem, dass die Oberfinanzdirektionen in Münster und Düsseldorf als Mittelinstanzen der Finanzverwaltung beide bestehen bleiben, weil sie unabdingbar sind für die Organisation der staatlichen Einnahmen:

  • Bei einem Land, das so groß ist wie das unsere, so bevölkerungsstark und mit so differenzierter Wirtschaftsstruktur, ist es sinnvoll, die Aufgaben auf mehrere Schultern und mehrere Standorte zu verteilen. Die dezentrale Verwaltungsstruktur zusammen mit einem gesunden Gemeinschaftssinn hat uns im Länderkonzert bisher weit gebracht."

    Stadermann verlässt die Verwaltung mit einem lachenden und einem weinenden Auge, wie er betonte:

  • Ich möchte mich in einer heiteren Grundstimmung von Ihnen verabschieden. Die Heiterkeit bei mir ist ein Mix aus Dank, Freude, Erleichterung, Neugier – und wird von einer kleinen Träne im Augenwinkel begleitet."

    Anschließend stellte Dieckmann den Nachfolger vor. Der neue Oberfinanzpräsident, Hans-Georg Grigat, war zuletzt Leiter der Steuerabteilung im Finanzministerium und tritt am 1.Februar den Posten in Münster an.

    Auch ihm wünschte der Minister Glück und gab ihm mit auf den Weg, den Blick auf die Bedürfnisse des Bürgers zu schärfen, denn ein Steuerzahler der mit seiner Verwaltung zufrieden ist, wird ein besserer und unkomplizierterer Steuerzahler sein.

    Dieckmann wörtlich: "Dabei dürfen wir natürlich auch nicht den Blick vor den Anforderungen der Zukunft verschließen. Die Modernisierung der Verwaltung wird uns auch künftig beschäftigen. Verwaltungsmodernisierung ist ein Thema, bei dem die Finanzverwaltung im Land mit an vorderster Stelle steht und schon sehr viel erreicht hat. Ich erinnere nur an die vereinfachte Steuererklärung auf einem Blatt Papier. Das ist die Richtung, die wir immer im Auge behalten müssen."

    Auch der neue Oberfinanzpräsident sieht einen Schwerpunkt seiner neuen Aufgabe darin, den Finanzämtern, die der Oberfinanzdirektion unterstellt sind:

  • Begriffe wie Mitarbeiterorientierung, Bürgerorientierung, Wirtschaftlichkeit, Risikomanagement und letztlich die Zielvereinbarungs- und Controllingsysteme dürfen und können zwar nicht von oben verordnet werden. Sie müssen in einem ständigen Dialog mit unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern Substanz gewinnen, hinterfragt werden und fortentwickelt werden. Auf diesen Dialog freue ich mich. Ich bitte die Dienststellenleiterinnen und Dienststellenleiter den Dialog und die damit verfolgten Ziele nachhaltig zu fördern."